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MD Berlin-Brandenburg |

Hospitation im Bereich Qualitätsprüfungen Pflege: Einblicke in die Praxis und Erkenntnisse für das Bundesministerium für Gesundheit

Dr. Annika Lange und Claudia Mund, Mitarbeiterinnen des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG), haben im Rahmen mehrerer Hospitationen im Bereich Qualitätsprüfungen Pflege wertvolle Einblicke gewonnen. Dazu haben wir mit ihnen gesprochen.

Bild: v. li.: Sebastian Preuschoff, Dr. Annika Lange (BMG), Ines Schlender, Marion Teynil

Vor welchem Hintergrund bzw. aus welcher Motivation heraus haben Sie beim Medizinischen Dienst Berlin-Brandenburg im Geschäftsbereich Qualitätsprüfungen Pflege hospitiert?

Wir arbeiten in der Unterabteilung 41 des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG), die für das Recht der Sozialen Pflegeversicherung zuständig ist. Frau Dr. Lange leitet die Unterabteilung. Frau Mund arbeitet als Sachbearbeiterin im Referat 413, das insbesondere auch für die Regelungen zur Qualitätssicherung im SGB XI zuständig ist. Dazu gehört zum Beispiel die Genehmigung der Qualitätsprüfungs-Richtlinien. Wir beide hatten bisher keine unmittelbaren Erfahrungen mit der Durchführung von Qualitätsprüfungen in Pflegeeinrichtungen und wollten wissen, wie die rechtlichen Grundlagen in der Praxis umgesetzt werden. Dabei haben uns vor allem die Perspektive und die Rolle der Prüferinnen und Prüfer interessiert, die Umsetzung der hohen Anforderungen an die Prüftätigkeit und natürlich der professionelle, aber auch persönliche Umgang mit der Prüfsituation und den Beteiligten in den geprüften Einrichtungen.

Des Öfteren erhalten wir kritische Rückmeldungen zur Durchführung der Qualitätsprüfungen aus einzelnen Pflegeeinrichtungen. Hier wird zum Beispiel bemängelt, dass die Dokumentation weiterhin eine zu große Bedeutung habe und der fachliche Austausch zwischen Einrichtung und Prüfinstitution in den Hintergrund trete. Daher haben uns auch das Zusammenspiel und die Gewichtung der einzelnen Prüfinstrumente und die Umsetzung des Beratungsansatzes sehr interessiert.

Welche Erkenntnisse nehmen Sie aus der Hospitation für sich und Ihr Team mit?

Wir haben gesehen, dass die Aufgaben der Prüfenden sehr anspruchsvoll sind und eine hohe Konzentration über den gesamten Prüfzeitraum erfordern. Wir waren beeindruckt von der Tiefe und der konsequenten Umsetzung des Prüfablaufs und der engen Zusammenarbeit und Abstimmung im Prüfteam. Wir haben erlebt, wie wichtig es ist, dass die Kolleginnen und Kollegen ein gemeinsames Prüfverständnis haben und als Einheit in die Einrichtung kommen.

Beeindruckt hat uns auch die Begegnung auf Augenhöhe und die Kommunikation. Die Kolleginnen und Kollegen, die wir begleiten durften, haben versucht, den Mitarbeitenden in den Einrichtungen die Aufregung zu nehmen und immer wieder verdeutlicht, dass die pflegerische Versorgung der Menschen Vorrang habe. Auch deshalb ist jeder Prüftag anders und verlangt den Prüfenden ein hohes Maß an Flexibilität ab. Wir haben festgestellt, wie wichtig die Qualifikation und Erfahrung der Prüfenden sind. Die Kolleginnen und Kollegen sind sehr schnell sehr tief in verschiedene Abläufe der Einrichtung eingestiegen, haben gezielte Fragen gestellt und die komplexen Dokumentationssysteme schnell erfasst. Da fiel es uns manchmal schwer dranzubleiben.

Wenn sich die erste Aufregung bei dem Mitarbeitenden gelegt hatte, konnten sich eben durch diese Erfahrung und den engen Bezug sehr intensive und konstruktive Fachgespräche entwickeln. Unserer Wahrnehmung nach kam das auch bei den Fachkräften vor Ort sehr gut an. Die Pflegenden haben bestätigt, dass sie in der Prüfung wertvolle Hinweise für ihre Arbeit erhalten haben. Dies betraf zum Beispiel die Dokumentation im Strukturmodell, die durch die Hinweise in der Prüfung noch effizienter gestaltet werden kann.

Insgesamt haben wir feststellen können, dass eine digitale Dokumentation und eine geeignete und gut strukturierte Software von unschätzbarem Wert für ein flüssiges und zügiges Prüfgeschehen sind - sowohl auf der Seite der Einrichtung als auch des MD.

Uns ist auch aufgefallen, dass die Prüferinnen und Prüfer mit einer Software ausgestattet sind, die einen flüssigen Ablauf der Prüfungen unterstützt. Es wurde aber auch deutlich, dass die Prüfungen eine erhebliche Nachbereitung durch die Prüfenden erfordern.

Können Sie Ihre Erkenntnisse in Ihrem Referat des Bundesministeriums einfließen lassen? Welches Interesse, welche Synergien ergeben sich aus Ihrer Sicht?

Vor allem nehmen wir mit, dass unter den aktuellen Rahmenbedingungen gute Prüfsituationen gestaltet werden können. Individuell hängt das natürlich auch von vielen situativen Faktoren vor Ort ab, wie z.B. der Compliance in den Einrichtungen oder dem bereits angesprochenen Prüfverständnis und der Kommunikation der Prüferinnen und Prüfer. Aber auch kurzfristige Personalausfälle am Prüfungstag können einiges durcheinanderbringen. Wenn aber die Versorgungsqualität stimmt und die Mitarbeitenden offen und zugänglich sind, sind das sicher sehr gute Voraussetzungen. Hier durften wir jeweils tolle Beispiele erleben.

Dem BMG obliegt die Rechtsaufsicht über verschiedene Instrumente und Prozesse im Zusammenhang mit den Qualitätsprüfungen. Fachlich und inhaltlich nehmen wir keinen Einfluss. Umso wichtiger war es allerdings, diese fachliche Perspektive einmal nachzuvollziehen und tiefer in die fachlichen Fragestellungen der Prüfungen einzusteigen. Dieser zwar punktuelle, aber intensive Einblick hilft uns in der Einordnung von Positionierungen der Akteure, die an der Umsetzung des Qualitätssystems des SGB XI beteiligt sind. Wir wurden zudem bestärkt in unserem Verständnis, dass das Qualitätssicherungssystem notwendig und sinnvoll ist und eben auch umsetzbar. Der Einblick in die Praxis und der Austausch mit allen Beteiligten vor Ort hat unser Verständnis für die Prüfungen selbst, aber auch für alle Aufgaben und Prozesse, die damit zusammenhängen gestärkt. Das wird uns helfen, auch in politischen Diskussionen besser zu argumentieren. Hier wird es zukünftig vor allem ganz stark um die Frage gehen, wie wir mit den vorhandenen Ressourcen eine gute Qualitätssicherung gewährleisten können. 

Wie empfanden Sie die Situation in den Qualitätsprüfungen, seitens der Einrichtungsvertreter und der Qualitätsprüferinnen?

Wir haben die Prüfenden als freundlich, wertschätzend und anerkennend erlebt. Ihre Rolle als Prüferin bzw. Prüfer haben die Kolleginnen und Kollegen dabei sehr ernst genommen und ihre Fachlichkeit unter Beweis gestellt. Das bemerken auch die Mitarbeitenden in den Einrichtungen.

Die Flexibilität bezüglich des Ablaufs der Prüfungen war förderlich für eine gute Prüfungsatmosphäre, genauso wie der umfassend umgesetzte Beratungsansatz auf Augenhöhe.

Aber auch die Einrichtungen haben eine gute Prüfungsatmosphäre unterstützt. Wir wurden immer sehr freundlich empfangen und haben direkt die Offenheit der Mitarbeitenden wahrgenommen. Man merkt innerhalb der ersten Minuten schon, wie sich die beiden Seiten gegenüberstehen. Natürlich war anfangs eine gewisse Nervosität zu spüren, aber das ist ja ganz normal und würde uns genauso gehen.

Erwähnen möchten wir aber auch die Gespräche mit den pflegebedürftigen Menschen, die die Prüferinnen und Prüfer geführt haben. Das war immer individuell und einfühlsam. Auch hier haben wir Begegnungen auf Augenhöhe erlebt, in denen, wenn angebracht, auch der nötige Humor eingebracht wurde.

Wir bedanken uns ganz herzlich bei den Prüfteams in Berlin und Brandenburg, die wir begleiten durften und die uns offen empfangen und sich Zeit für unsere Fragen genommen haben. Auch dem Medizinischen Dienst Berlin-Brandenburg danken wir ganz herzlich für die Möglichkeit dieser Hospitationen.

Beantwortet wurden die Fragen jeweils durch Dr. Annika Lange und Claudia Mund.

 

Hintergrund:

Der Medizinische Dienst Berlin-Brandenburg führt im Auftrag der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen Berlins und Brandenburgs sozialmedizinische und pflegefachliche Einzelfallbegutachtungen durch, die sich auf die Versorgung einzelner Versicherter beziehen. Darüber hinaus berät der Medizinische Dienst diese Kassen und ihre Verbände in entsprechenden Grundsatzfragen.

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