Zum Inhalt springen

Qualitätssicherung in der Begutachtung neu gedacht

Den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) haben wir im Jahr 2023 erstmals im Rahmen unseres Strategieprozesses diskutiert. Kurz zuvor waren die ersten Anwendungen auf den Markt gekommen und haben uns zu der Frage inspiriert, wie wir KI sinnvoll für unsere Arbeit nutzen können. Dabei sollte der Fokus darauf liegen, wie wir unsere Mitarbeitenden unterstützen und ihnen die Arbeit erleichtern können.

Um die dynamischen Entwicklungen im Blick zu behalten und den Einsatz von KI zentral zu steuern, haben wir im Jahr 2024 das Projekt KI-Anwendungen ins Leben gerufen. Intern hat sich schnell die Abkürzung KIA durchgesetzt.

Als erstes Anwendungsgebiet haben wir die Qualitätssicherung unserer Gutachten ausgesucht. Bislang läuft unsere Qualitätssicherung nachgelagert ab. Das heißt, Gutachten werden stichprobenhaft nach Fertigstellung durch Zweitbegutachtende entlang verschiedener Kriterien überprüft. Unsere Idee war, den Prozess mit Hilfe der KI nach vorne zu verlagern. Die Gutachterinnen und Gutachter sollen so bereits vor der endgültigen Freigabe eine Rückmeldung zum erstellten Produkt erhalten.

Projektstruktur und Organisation

Eine Umfrage unter unseren Führungskräften hat außerordentlich hohes Engagement für das Thema aufgedeckt. Folglich umfasst die entsprechende Projektgruppe annähernd alle Unternehmensbereiche. Sie besteht aus einem Kernteam, das von zwei spezialisierten Arbeitsgruppen unterstützt wird: Die Arbeitsgruppe Innovation verantwortet die technische Umsetzung, behält den Überblick über neue Entwicklungen und kümmert sich um das Thema Datenschutz. Die Arbeitsgruppe Qualitätssicherung konzentriert sich auf die Entwicklung der Anforderungen an die KI, den Test der Anwendungen sowie die Erarbeitung eines Kommunikationskonzepts.

Um das komplexe Thema KI handhabbar zu machen, haben wir uns entschieden, die KI-Qualitätssicherung zunächst für den Begutachtungsbereich Arbeitsunfähigkeit zu erproben. Schritt für Schritt haben wir uns dem Ziel genähert. Dabei wollten wir uns nicht komplett auf externe Anbieter verlassen. Deshalb haben wir eine eigene Lösung auf Basis der Microsoft-Azure-Architektur entwickelt. Nach manuellen und später automatisierten Tests konnten wir die KI-Qualitätssicherung in unser Produktivsystem implementieren und im 4. Quartal 2024 erstmals durch Pilotgutachterinnen und -gutachter im Echtbetrieb evaluieren lassen.

Infobox: Stimmen aus der Praxis nach den ersten Tests

Stimmen aus der Praxis nach den ersten Tests

Stimmen aus der Praxis nach den ersten Tests

  • Die KI hilft mir, meine Bandwurmsätze zu entschachteln und meine Gutachten leichter lesbar zu machen.
  • Ich finde es toll, nach vielen Jahren der Begutachtung wieder jemanden zu haben, der hinterfragt, was ich tue.
  • Wenn die KI jetzt noch verlässlich Sozialmedizin kann, fühle ich mich bei der Begutachtung super unterstützt.

Erfolge und Meilensteine

Im Sinne einer Machbarkeitsstudie konnten wir nachweisen, dass unser Konzept auch unter Berücksichtigung des Datenschutzes funktioniert. Aktuell konzentrieren wir uns auf zwei Hauptanwendungsbereiche: die Prüfung der allgemeinen Plausibilität und Nachvollziehbarkeit sowie die Prüfung von Rechtschreibung und Grammatik.

Die Ergebnisse unseres Projekts haben wir bei unterschiedlichen Veranstaltungen im Verbund der Medizinischen Dienste vorgestellt. Neben der KI zur Qualitätssicherung konnten wir dort auch ein weiteres Produkt demonstrieren, das fremdsprachige Dokumente zuverlässig übersetzt.

„Aktuell konzentrieren wir uns auf zwei KI-Hauptanwendungsbereiche: die Prüfung der allgemeinen Plausibilität und Nachvollziehbarkeit sowie die Prüfung von Rechtschreibung und Grammatik.“

Nico Schulz

Leiter der Abteilung IT-Entwicklung und Nutzerservice

Ausblick

Für das Jahr 2025 planen wir, gemeinsam mit unserem Personalrat eine KI-Rahmendienstvereinbarung abzuschließen. Anschließend werden wir das System in mindestens einem Begutachtungsbereich für alle Begutachtenden ausrollen. Außerdem wollen wir die Prüfung auf die fachspezifische sozialmedizinische Überprüfung ausweiten. Hier gelangten die Sprachmodelle bislang an ihre Grenzen, da sie nicht über das notwendige Spezialwissen verfügen. Durch Integration von Begutachtungsanleitungen oder Studienergebnissen hoffen wir, das System nun stärker an unseren Bedarf anpassen zu können.

Die bisherigen Ergebnisse stimmen uns zuversichtlich, dass wir unsere Mitarbeitenden durch den gezielten Einsatz von KI unterstützen und die Qualität unserer Produkte weiter verbessern können.