Zum Inhalt springen

Verantwortung für die Jüngsten

Oft wird der Begriff Pflegebedürftigkeit mit älteren Menschen in Verbindung gebracht. Doch dieses Bild trügt. Aufgrund von Krankheiten oder Verletzungen können auch Kinder und Jugendliche pflegebedürftig werden. Dies ist seit einigen Jahren immer häufiger der Fall. Viele Kinderärztinnen und -ärzte können das bestätigen. Besonders die Corona-Pandemie hat Spuren hinterlassen. Die betroffenen Kinder und Jugendlichen leiden beispielsweise unter Long-Covid oder Myalgischer Enzephalomyelitis/Chronischem Fatigue Syndrom (ME/CFS).

Dementsprechend begutachten wir immer häufiger Kinder und Jugendliche hinsichtlich ihres pflegerischen Unterstützungsbedarfs. Allein im Jahr 2024 waren es 10.850 Versicherte unter 18 Jahren, Tendenz weiter steigend. In 89 Prozent der Fälle wurde dabei die Empfehlung für einen Pflegegrad ausgesprochen.

Eine Region für Kinder und Jugendliche

Wir haben die Herausforderung erkannt und im Herbst 2024 eine spezielle Region für die Begutachtung von Kindern und Jugendlichen geschaffen. Denn die Pflegebegutachtung junger Menschen bedarf besonderer fachlicher Expertise und Erfahrung. Die Fragen der Gutachterinnen und Gutachter müssen auch für Kinder verständlich sein. Das erfordert Augenhöhe und besonderes Einfühlvermögen. Denn für Kinder kann der Besuch einer fremden Person im eigenen Haushalt herausfordernder sein als für erwachsene Versicherte. Das kann Verhaltensänderungen nach sich ziehen, die sich verfälschend auf das Ergebnis einer Begutachtung auswirken.

Begutachtung im vertrauensvollen Dialog

Eine Kollegin in der neuen Schwerpunktregion ist Jana Wiesner. Sie ist gelernte Kinderkrankenschwester und seit bald zehn Jahren pflegefachliche Gutachterin im Medizinischen Dienst Berlin-Brandenburg. Pro Arbeitstag besucht sie drei bis fünf Pflegebedürftige in ihrem häuslichen Umfeld.

Bei der Pflegebegutachtung geht es immer darum, innerhalb beschränkter Zeit mit gezielten Fragen und Erhebungen die Selbstständigkeit von Menschen bestmöglich einzuschätzen. Dies gilt auch für die Begutachtung von Kindern. Gutachterinnen und Gutachter erfassen, wie selbstständig ein Kind ist und in welchem Umfang bestimmte Fähigkeiten vorhanden sind. Beides entwickelt sich bei Kindern spezifisch und schrittweise. Daher vergleichen wir den Entwicklungsstand jedes pflegebedürftigen Kindes mit denen von gesunden Kindern im gleichen Alter.

In der Regel spricht Jana Wiesner zu Beginn ihrer Besuche zunächst mit den Eltern beziehungsweise Erziehungspersonen. Diese werden dann gebeten, ihren Alltag zu schildern. Wenn möglich, sucht sie danach unmittelbaren Kontakt mit den Kindern und Jugendlichen. Diese befragt sie dann, um herauszufinden, wie sich deren kognitive Entwicklung darstellt. Zusätzlich testet sie bei Bedarf die Motorik. Für die endgültige Bewertung gilt dabei stets: Selbständigkeit ist Maßstab für Pflegebedürftigkeit. Nützlich für die Familien sind immer wieder ihre Anregungen zur Gestaltung des Wohnumfeldes.

Immer auf der Höhe der Zeit

Gerade für die Begutachtung von Kindern ist Kompetenz von hoher Bedeutung. Regelmäßig bilden sich unsere Begutachtenden pflegefachlich und medizinisch weiter, um auf dem aktuellen Stand der Forschung zu bleiben. Sie erwerben zusätzliche Kenntnisse im Bereich spezieller Krankheitsbilder bei Kindern, zum Beispiel Beispiel Autismus und AD(H)S, und bilden sich in achtsamer Kommunikation.

Zudem können unsere Gutachterinnen und Gutachter auf medizinisches und pflegerisches Spezialwissen der Referentinnen und Referenten des Geschäftsbereichs Fachservice zurückgreifen. Die enge Zusammenarbeit zwischen den Geschäftsbereichen Pflege und Fachservice mündet auch in Projekten – eines davon ist unser Kinderschutzprojekt.

Mit der eigenständigen Region zur Begutachtung pflegebedürftiger Kinder und Jugendlicher gehen wir noch genauer auf die Bedürfnisse der Familien ein. Denn wir wollen pflegebedürftige Kinder und ihr Umfeld auch weiterhin bestmöglich unterstützen. Mit diesem Ziel gehen Jana Wiesner sowie ihre Kolleginnen und Kollegen jeden Tag in den Hausbesuch. Die Kinderbegutachtung ist für sie eine Herzenssache.